Holzbau heute

Architektur in Holz

Architektur ist die Kunst, einen Baukörper zu gestalten, zu formen, zu berechnen – und ihm seinen Platz in einer bestimmten Umgebung zuzuweisen. Häuser aus Holz zu bauen, belässt Planenden jede erdenkliche Gestaltungsfreiheit. Und ermöglicht es zugleich, die Verfügbarkeit von Wohnraum in kurzer Zeit durch Vorfertigung komplexer Elemente sicherzustellen.
Holzfertighäuser planen

Wohnzukunft gestalten

In den 1950er und 1960er Jahren planten Architekten/Architektinnen Häuser vornehmlich in Stein-auf-Stein-Bauweise. Bis zur Bezugsreife war fast immer mit einer Bauzeit von einem Jahr und mehr zu rechnen. Vielen schien, als ginge es nur so. Die Vorteile der Vorfertigung von Bauteilen und die einzigartigen Gestaltungsmöglichkeiten, die Holztafel-, Holzrahmen- und Holzskelettbau bieten, (er-)kannten nur die wenigsten klassischen Baumeister. Bauträger und Fertighaushersteller nutzten die Marktlücke und sprachen neue Kundengruppen an.

Standardisierung löste mehr und mehr hochpreisige Individualentwürfe ab, machte das Bauen kalkulierbar und für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich. Das hatte zur Folge, dass Einfamilienhäuser in Deutschland seit den 1970er Jahren immer seltener von freien Architekten geplant wurden. Der Bausektor veränderte sich durch die voranschreitende Technisierung. Für Architekten galt und gilt es daher umzudenken; heute ist den meisten klar: Im Holzbau liegt die Zukunft des Wohnens.

Neubau und Bestand im Blick

Spielte der Heizwärmebedarf eines Hauses bis Ende der 1960er Jahre für Kaufentscheidungen kaum eine Rolle, sollte sich das bald ändern: Die erste Ölkrise 1973 lenkte das Augenmerk der Öffentlichkeit schlagartig auf den Wert der Energie. Mit dem Energieeinsparungsgesetz (EnEG) von 1976 sowie mehreren Wärmeschutz- (WSVO), Heizanlagen- und Energieeinspar-Verordnungen (EnEV) in den Folgejahren schob der Staat ab 1977 dem unkontrollierten Verbrauch von Heizöl und Gas einen Riegel vor. 2020 gingen diese Regulative im neuen Gebäude-Energien-Gesetz (GEG) auf.

Quintessenz: Ohne nachhaltige Dämmung des Gebäudekörpers, ohne darauf abgestimmte Heizanlage ist ein Bauvorhaben heute undenkbar. Der Baustoff Holz kommt diesen Erfordernissen durch seine bauphysikalischen Eigenschaften sehr entgegen: Holz besitzt von Natur aus eine geringe Wärmeleitfähigkeit (kleiner Lambda-Wert) und eine hohe spezifische Wärmekapazität (c = 1900 J/kg.K). Daraus ergibt sich für den Holzbau ein vorbildliches Dämmvermögen, das den umbauten Raum gleichsam vor winterlicher Kälte wie vor sommerlicher Hitze schützt.

Vom EnEG zum GEG: 1976 – 2020

GEG-Gebäudeenergiegesetz

Energieverschwendung stoppen

Aber was ist mit all den Häusern, die vor der ersten Ölkrise geplant und errichtet wurden? Ohne substanzielle Sanierung würden sie dieselben kalten, zugigen Energieschleudern bleiben, als die sie einst errichtet wurden. Sie machen nach wie vor die Mehrheit der Wohnimmobilien in Deutschland aus und sollten so schnell wie möglich auf das energetische Neubauniveau ertüchtigt werden – also mit neuer techn. Gebäudeausrüstung (TGA) versehen, mit energiesparenden Fenstern und Türen ausgestattet und vor allem an Wänden, Dach und Sohlplatte oder Kellerdecke gegen Wärmeverluste gedämmt werden. Bei etwa 1 Prozent p.a. ist das bisher erst der Fall. Hier gilt es anzusetzen!

Neue Parameter

Künftig spielt das Erfüllen strenger Anforderungen an Energieeffizienz, Wohngesundheit und Klimaschutz für Hausbauunternehmen eine Schlüsselrolle, und zwar sowohl im Neubau als auch im Gebäudebestand. Die Umsetzung in die gebaute Praxis begleiten im DHV die Arbeitskreise ‚Technik‘ und ‚Ökologischer Holzbau‘, in denen auch holzbauaffine Architekten mitwirken. Die Erträge der gemeinsamen Forschungsbemühungen stehen allen DHV-Mitgliedern zur Verfügung.

Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Schäfer, Geschäftsführer Technik

Holzfertighäuser konstruieren

Form und Funktion in Vollendung

Holzbau-Architekten/Architektinnen sind Konstrukteure und Designer in Personalunion. Es gilt, dem Baukörper eine Gestalt von natürlicher Materialität zu geben, die alle funktionalen Erwartungen der Bauherrschaft erfüllt. Eine anspruchsvolle Aufgabe, gewiss. Und eine faszinierende dazu!

Das Holzbau-Architekturbüro Kaden+Klingbeil aus Berlin hat mit dem C13 am Prenzlauer Berg Baugeschichte geschrieben: Erstmals wurde ein 7-geschossiges Holzgebäude in eine innerstädtische Baulücke eingefügt. In Heilbronn haben die holzbegeisterten Planer Kaden+Lager zur Bundesgartenschau (BUGA 2019) den zehngeschossigen Holz-Beton-Hybridbau „Skaio“ realisiert, dessen bautechnische Umsetzung Maßstäbe setzt. Der attraktive Mehrgeschosser am Neckar gilt als eines der höchsten Holzhochhäuser in Deutschland! Beiden Entwürfen ist gemein, dass sie sich in ihre baulichen Umgebungen perfekt einfügen und dennoch eigenständig wirken.

Holzfertighäuser produzieren

Wie aus einem Guss

Beim Holzbau bleibt grundsätzlich nichts dem Zufall überlassen: Wand-, Dach- und Deckenelemente werden auf CNC-gesteuerten Holzbearbeitungsmaschinen exakt nach Plan gefertigt. Anders als im konventionellen „Nassbau“, der während und vor allem nach der Errichtung des Rohbaus erst einmal trocknen muss, erfolgt die Herstellung von Wandtafeln, Decken- und Dachelementen bei Holzbauten bis zur Verbaureife wettergeschützt in Hallen. Die statisch bemessene Bauplanung wird dabei auf den hundertstel Millimeter genau mit Hilfe modernster Maschinentechnik umgesetzt. Genauer geht’s nicht!

Sämtliche vorgefertigte Elemente bringen Spezialtransporter auf die Baustelle. Dort werden sie in Verbaureihenfolge abgeladen und so zügig montiert, dass der Baukörper der meisten Ein- und Zweifamilienhäuser spätestens nach 48 Stunden regendicht steht. Das geht so schnell, weil alle Anschlüsse schon während der Produktion bemessen werden und die Holzverbindungsmittel exakt in die vorgesehenen Aufnahmen gleiten. Der Bauherr bzw. Auftraggeber kann, wenn er mag, bei der Herstellung im Werk zusehen; kontrollieren muss er die Abläufe jedoch nicht. Alle Schritte greifen im Holzfertigbau mit maximaler Genauigkeit ineinander, bis der Baukörper wie vorgesehen an seinem Bestimmungsort steht.

Die Wärmedämmung der Fassade, der Außen- und Innenwände sowie des Dachs einschließlich der Gefache, in denen auch die Verkabelung und Verrohung der techn. Gebäudeausrüstung (TGA) untergebracht ist, erfolgen komplett im Werk. Ebenso der Einbau sämtlicher Fenster, Rollläden, der Regenabtropfbleche alias Fensterbänke. Kluge Bauherren überlassen diese Arbeiten dem Hausbauunternehmen, das in der Konfiguration bewandert ist. Im hochtechnisierten Holz selbst Hand anzulegen, spart weder Geld noch führt es zum gewünschten professionellen Ergebnis. Manche Hausanbieter behalten sich die Komplettherstellung des Gebäudes aus Gründen der Qualitätssicherung vor.

Holzfertighäuser bewohnen

Für Generationen gemacht

Albert Einsteins Sommerhaus

Holzfertighäuser halten locker hundert Jahre. Bei fachgerechter Instandhaltung und Pflege sogar deutlich länger. Holzbauwerke wie das Sommerhaus von Albert Einstein in Caputh unweit von Berlin sind dafür ein anschaulicher Beweis: Es wurde 1929 von Konrad Wachsmann geplant und erbaut. Nur zwei Wochen brauchten die Arbeiter:innen für den Rohbau und die Fassade, zwei weitere für den Innenausbau. Vier Wochen später schrieb Einstein an seine Schwester: „In dem neuen Holzhäuschen gefällt mir’s großartig.” Fachgerechte Renovierungen halten den historischen Holzbau fit und erlauben Besuche bis heute.

Renovieren. Bewahren. Bewohnen.

Renaissance für alte Schätzchen

Holzschutz: Lieber konstruktiv

Bis Ende der 1970er Jahre war es baurechtliche Vorschrift, tragende Holzbauteile mit Holzschutzmitteln zu behandeln. Anfang der 1980er Jahre machte der Gesetzgeber eine Kehrtwende und verbot den Einsatz chemischer Holzschutzmittel in allen Bereichen, in denen Holz nicht unmittelbar bewittert wird. Seither hat sich der konstruktive Holzschutz durchgesetzt; dazu zählen beispielsweise weit auskragende Dachüberstände, wandbündige Außenfensterbänke inklusive Unterfensterbank mit kontrolliertem Ablauf etc.. Auch die Wahl witterungsresistenter Holzsorten im Schweller- und Rähmbereich bewährt sich in der Praxis und macht die Verwendung von Bauchemie heute praktisch überflüssig. Technische Trocknung des Bauholzes auf einen Feuchtegehalt unter 20 % lässt Schimmelbildung und Aufquellen nicht zu. Holzzerstörende Insekten haben gleichfalls keine Chance, sich in technisch getrockneten Holzbauteilen einzunisten und dort zu vermehren.

In Deutschland stehen rund 450.000 Fertighäuser aus der Zeit vor 1980. Soweit sie statisch nach wie vor intakt sind, kann es sich lohnen, die Gefache und deren Beplankung energetisch zu sanieren. Fertighausanbieter im DHV unterhalten zur Sanierung älterer Fertighäuser Tochterunternehmen, die sich auf die Durchführung erforderlicher Sanierungen in ähnlich konzipierten Tafelbauten konzentrieren.

  • Abnehmen der Beplankung vom Ständerwerk,
  • Entfernen und Entsorgen der alten Dämmmatten aus den Gefachen,
  • Kontrolle der Gefache auf Luftdichtheit,
  • Wiederherstellen der Luftdichtheitsebene,
  • Säubern und Auskleiden der Gefache,
  • Austausch im Gefach verlaufender Leitungen und Rohre,
  • Einbringen einer neuen Dämmung in die geöffnete Wand,
  • Wiederverschließen durch Aufbringen einer neuen Beplankung auf das Ständerwerk,
  • Applikation der Wandbekleidung innen (Tapete, Anstrich),
  • Aufbringen des neuen Fassadenputzes oder
  • die Montage der Holzverkleidung oder Verklinkerung der Außenwände.

Falls energetisch wünschenswert, bietet sich zur Montage auf die Außenwand ein vorgehängtes hinterlüftetes Fassadendämmsystem an.

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